Autogenes Training

Autogenes Training ist eine klassische Selbstentspannungsmethode. Sie hilft, in stressigen Lebensphasen wieder zu mehr Ruhe zu gelangen. Viele Menschen nutzen Autogenes Training zum Einschlafen oder vorbeugend zur Psychohygiene. Erfahre hier, wie Autogenes Training funktioniert und wie du deinen Körper damit positiv beeinflussen kannst.

Autogenes Training ist eine Methode, um Ängste und Stress im Alltag zu überwinden. Es gibt Menschen Techniken an die Hand, die ihnen dabei helfen, sich zu entspannen – und zwar im Büro ebenso wie zu Hause oder auf Reisen.

Autogenes Training: Entspannung durch Einbildung
Autogenes Training ist seit vielen Jahren ein von den Krankenkassen anerkanntes psychotherapeutisches Verfahren. Es basiert auf der Erkenntnis, dass Körper und Psyche eines Menschen immer in Abhängigkeit voneinander agieren und reagieren. Das heisst, mit dem Geist lässt sich der Körper steuern und umgekehrt.

Damit das funktioniert, ist es notwendig, den Körper in eine Art Trance zu versetzen. Diese ist nicht so tief wie bei der Hypnose, ermöglicht es aber, das Unterbewusstsein zu aktivieren. Man fokussiert sich dazu gedanklich auf eine bestimmte Körperreaktion, und diese tritt dann tatsächlich ein.

Wenn die reine Idee eine Körperfunktion auslöst, bezeichnen Wissenschaftler das als Carpenter-Effekt oder Ideoplasie. So erzeugt die blosse Vorstellung einer Bewegung zum Beispiel einen messbaren elektrischen Strom in den Muskeln.

Autogenes Training reguliert das autonome Nervensystem
Der Mechanismus dahinter: Mit der Kraft der Gedanken steuert man das autonome (vegetative) Nervensystem. Dieser Bereich des menschlichen Nervensystems enthält Nervenfasern, die Organe, glatte Muskulatur und Drüsen regulieren. So steuert der Körper grundlegende Vorgänge wie beispielsweise den Herzschlag und die Schweissbildung, ohne dass wir bewusst darüber entscheiden müssen.

Das autonome Nervensystem arbeitet mit zwei Schaltkreisen: Der eine löst Entspannung aus (Parasympathikus) und der andere Anspannung (Sympathikus). In gefährlichen Situationen ist die Anspannung ein wichtiger Mechanismus, der uns schnell reagieren lässt. Danach folgt normalerweise eine Phase der Ruhe.

Wenn man unter Stress oder innerer Unruhe leidet, ist das Gleichgewicht zwischen Entspannung und Anspannung aber gestört. So ist der Sympathikus bei vielen Menschen aufgrund von hohem Leistungsdruck im Beruf oder Doppelbelastung durch Familie und Arbeit zu häufig angeschaltet. Oftmals kann der Körper dadurch den Parasympathikus zur Entspannung gar nicht mehr richtig benutzen - es drohen Verspannungen, Erschöpfung, Ängste und Depressionen. Diese Schieflage lässt sich durch Autogenes Training wieder geraderücken.

Übung der Selbsthypnose
Autogenes Training beginnt immer mit den Grundübungen: Ruhe, Schwere und Wärme. Diese kannst du gut zu Hause ausführen. Damit du keine Fehler machst und motiviert bleibst, empfehlen Experten jedoch, in einer Gruppe unter fachlicher Anleitung zu üben. Audioanleitungen können ebenfalls eine gute Unterstützung zum Einstieg sein.

Bevor du beginnst, solltest du dich darüber informieren, wie die sogenannte Rücknahme funktioniert. Denn diese sollte sich an fast alle Übungen anschliessen.

Rücknahme
Die Rücknahme schliesst das Training ab und sichert, dass Sie Ihre alltäglichen Aufgaben danach wieder mit voller Kraft angehen können. Man vermeidet damit, dass man sich nach der Übung müde und benommen fühlt.

Ausnahme: Wenn du mithilfe von Autogenem Training einschlafen möchten oder bestimmte Schmerzlinderungsübungen gemacht hast, dann kannst du die Rücknahme weglassen.

Für eine erfolgreiche Rücknahme kannst du beispielsweise die Formel Arme fest! Atmung tief! Augen auf! laut und kräftig aussprechen. Atme mehrmals tief ein und aus und strecke dabei alle Körperteile. Solltest du dich anschliessend immer noch benommen fühlen, lief die Rücknahme nicht korrekt ab. Wiederhole diese dann einfach.

Die richtige Übungshaltung
Es gibt drei Haltungen, die sich für Autogenes Training bewährt haben:

Liegehaltung: Du liegst bequem auf dem Rücken auf der Couch oder im Bett. Im Nacken und in den Kniekehlen befindet sich ein stützendes Kissen. Die Arme liegen seitwärts oder auf dem Oberschenkel. Die Fussspitzen zeigen leicht nach aussen.

Lehnsesselhaltung: Du lehnst deinen Oberköper und den Kopf locker in einen Sessel. Die Füsse stehen komplett auf dem Boden. Der Kniewinkel ist grösser als 90 Grad. Die Arme liegen auf der Lehne oder im Schoss.

Droschkenkutscherhaltung: Du sitzt auf der Kante eines Stuhls. Der Oberkörper ist so weit vorgebeugt, dass die Ellenbogen auf den Oberschenkeln aufliegen. Die Arme hängen an den Innenschenkeln hinunter und der Kopf ist gesenkt. In dieser Position ist kein einziger Muskel im Körper angespannt.

Autogenes Training: Anleitung zur Ruheübung
Die Grundübungen haben zum Ziel, Sie zu entspannen. Danach solltest du dich angenehm schwer fühlen, deine Muskulatur wird lockerer, und die Wärme regt die Durchblutung an. Folgendermassen kann die Grundübung ablaufen:

  • Sorge dafür, dass du ungestört bist und nimm eine Übungshaltung ein.

  • Schliesse beim Ausatmen Ihre Augen.

  • Stell dir einen Ort vor, den du mit Ruhe verbindest. Denke an Gerüche, Geräusche und Eindrücke von diesem Ort.

  • Konzentriere dich auf deinen Körper.

  • Abschweifende Gedanken lässt du entspannt vorüberziehen und richtest dann deinen Fokus wieder auf deinen Körper.

  • Sag die Formel "Ich bin ruhig. Ich bin ganz ruhig" monoton und gelassen in dich hinein.

  • Wiederhole die Formel ganz geduldig drei- bis sechsmal.

  • Spüre dabei deinen Körper und erspüre, wie er ganz ruhig wird.

  • Führe die Rücknahme durch. Das ist der Abschluss für dein Autogenes Training.

Formeln beeinflussen Psyche und Körper
Um während der Selbsthypnose das Unterbewusstsein gezielt ansteuern und nachhaltig verändern zu können, gibt es die sogenannten Vorsatzformeln. Sie sind eine Erweiterung der Grundstufe (Ruhe, Schwere, Wärme). Mit ihnen erteilst du dem Körper ganz klare Aufträge.

Die Formeln sprichst du während der Trance in dich hinein. So wirken sie noch im Anschluss an das Autogene Training nach.

Man kann zum Beispiel die Formeln der Grundübung zur Schwere verwenden wie "Mein rechter Arm ist schwer. Mein linker Arm ist schwer. Meine Arme sind schwer" oder eine individualisierte Selbstbeeinflussung wie "Ich trete selbstbewusst und souverän auf". Durch Autogenes Training kannst du dich so neu programmieren, körperliche Beschwerden lindern und Kräfte mobilisieren.

Wie oft und wie lange übt man?
Wie lange du Autogenes Training am besten praktizierst, hängt von deinem Trainingszustand ab. Für Anfänger sollten es dreimal täglich zehn Minuten sein, jedoch nicht mehr. Trainiere lieber häufig und kurz als nur ab und zu und lange. Wenn man die Methode verstanden hat, reichen zweimal täglich fünf Minuten. Insgesamt braucht man ungefähr einen Monat, bis Autogenes Training das eigene Leben nachhaltig verbessert.

Was ist Autogenes Training: Entstehung & Einsatz
Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts entwickelte der deutsche Nervenarzt Johannes Heinrich Schultz (1884 - 1970) das Autogene Training. Die Idee dazu kam ihm durch Beobachtungen bei seinen Patienten: Einige konnten sich selbst in einen hypnotischen Zustand bringen. Anschliessend fühlten sich diese Patienten sehr entspannt.

Heute belegen verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen die Wirksamkeit von Autogenem Training.

Anwendungsgebiete für Autogenes Training

  • Stress Ängste

  • Schlafstörungen

  • Schmerzen Förderung der Kreativität

  • Steigerung des Selbstwertgefühls

Für wen ist Autogenes Training geeignet?
Grundsätzlich ist Autogenes Training für jeden geeignet. Es erfordert allerdings einiges an Übung, und du musst die Methode einmal verstanden haben, um sie richtig anzuwenden. Menschen mit starken psychischen Beeinträchtigungen (z. B. Schizophrenie, zwanghafte Persönlichkeitsstörungen) können Autogenes Training nur schwer erlernen. Denn Grundvoraussetzung für Autogenes Training ist: Sie sollten sich konzentrieren und klar denken können.

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